6 gute Gründe, warum du Atemachtsamkeit üben solltest
„Meine Aufmerksamkeit permanent auf den Atem zu halten ist zu schwierig.“ „Ich verliere mich andauernd in Gedanken.“ „Ich lasse mich von anderen Dingen ablenken oder schlafe immer wieder kurz ein.“ „Der Atem ist langweilig, gibt es keine interessanteren Meditationsobjekte?“.
Solche oder ähnliche Aussagen, höre ich immer wieder, wenn Menschen mit einem Achtsamkeitstraining beginnen aber was steckt dahinter?
Auch wenn es viele nützliche informelle Achtsamkeitsübungen gibt, wie ihr sie bspw. auch hier im Blog findet, sollte der Wert der formellen Achtsamkeitsmeditation nicht außer Acht gelassen werden. Sie bildet die Basis deiner Achtsamkeit und bringt Qualitäten wie Gleichmut, Ruhe und Gelassenheit hervor. Geübt werden sollte diese formelle Praxis vorzugsweise täglich.
Anstatt dich von Unruhe, Langeweile, Ungeduld oder Ablenkungen leiten zu lassen, könntest du ganz bewusst den Atem nutzen, um zu erfahren, wie sich dieser verändert, wenn die vorgenannten Zustände auftreten.
Bevor du dich vom Atem abwendest und vielleicht nach einer anderen Achtsamkeitspraxis oder Anleitung suchst, könntest du die folgenden Vorteile in Betracht ziehen und dich einfach darin üben, beim Atem bleiben. Es wird sich lohnen.
Atemachtsamkeit verbindet dich mit dem jetzigen Moment
Der Atem geschieht jetzt, ist weder Vergangenheit noch Zukunft. Er versucht nicht, irgendwohin zu gelangen, sich zu optimieren, effizienter zu werden oder ein Tagesziel, im Sinne einer täglichen Atemquote, zu erreichen.
Wenn du ihn lässt, dann tut der Atem einfach das, was er tut und was gerade nötig ist, um dich am Leben zu halten. Der Versuch, einen bestimmten Atem zu erzwingen oder ihn zu kontrollieren, wäre innerhalb der Achtsamkeitspraxis eher hinderlich.
So wie es beim Atmen ist, so ist es auch im Leben – du kannst viel von dem natürlichen Rhythmus, der stets passenden Geschwindigkeit und der Unbeschwertheit des Atems lernen. Der Atem weiß, was du gerade brauchst. Wie ist es mit dir? Weißt du das auch?
Die Atemachtsamkeit zähmt den Affen
Unser Geist springt den ganzen Tag hin und her, wie ein wilder Affe im Urwald. Er denkt, grübelt, hängt in der Zukunft oder der Vergangenheit rum. Ist abgelenkt und versucht ständig unangenehme Erfahrungen zu verdrängen oder nach Dingen zu jagen, die seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen und mit positiven Emotionen locken.
Solange du diesen wilden Affen nicht unter Kontrolle halten kannst, wirst du wenig Stabilität erfahren und dadurch bei jedem emotionalen Sturm ins Wanken geraten.
Indem du dich darin übst, innezuhalten und deine Aufmerksamkeit sanft, urteilsfrei und erwartungslos auf den Atem auszurichten. Immer wieder zurück kommst, wenn du abgelenkt warst. Genau dann kultivierst du die Qualitäten, die es dir ermöglichen, in emotional belastenden Situationen präsent zu bleiben.
Dies ist die Grundlage, um nachhaltiges Wohlbefinden und Lebensqualität in deinem Alltag zu etablieren.
Du bist jemand, der viel in Gedanken unterwegs ist? Dein Erleben findet eher im Kopf und weniger im Körper statt?
Hier kann dich Atemachtsamkeit dabei unterstützen, mehr Zugang zu deinem Körper und dadurch zu deinem emotionalen Erleben zu bekommen. Über den Atem kannst du eine Verbindung zum Körper aufbauen, dadurch rückt das endlose Geplapper für eine Weile in den Hintergrund.
Durch das Beobachten des Atems kannst du seine Beschaffenheit, das ständige Kommen und Gehen und die damit einhergehenden körperlichen Empfindungen der Atembewegung wahrnehmen. Dies hilft dir, Körper und Geist im gegenwärtigen Moment zu synchronisieren.
Das bedeutet, dass nun dein Geist und dein Körper am gleichen Ort verweilen und nicht, wie es sonst so oft der Fall ist, der Körper in der Gegenwart unterwegs ist und der Geist in der Zukunft oder der Vergangenheit.
Vielleicht verstehst du nun auch, was die Wurzel von Unruhe, Ungeduld, Unzufriedenheit, etc. darstellt.
Mit Anfängergeist hat Langeweile keine Chance
Bist du beim Atem oder bei deinem Konzept von Atem?
Ist dieser Atemzug genauso wie der letzte, oder gibt es subtil Unterschiede? Vielleicht ist er etwas länger, kürzer, intensiver, sanfter, kühler oder wärmer? Wenn du dich all den Empfindungen des Atmens öffnest, ist das Dabeibleiben dann wirklich so langweilig?
Ist es nicht bemerkenswert und wundervoll, dass wir in jedem Moment durch diesen autonomen Prozess des Ein- und Ausatmens am Leben erhalten werden, ohne irgendetwas dafür tun zu müssen?
Immer noch langweilig? Wie wäre es damit, dass du dir bewusst machst, dass es Luft zum Atmen, einen Körper, der autonom atmet und einen Geist, der das alles beobachten kann, gibt?
In jedem Augenblick, in dem du dich mit Interesse dem Atem zuwendest, trainierst du deine Neugier.
Du bekommst dadurch die Chance, deine eigenen Konzepte zu erkennen, sie zu reflektieren und neue Erfahrungen zu machen. Diese neuen Erfahrungen sind nicht möglich, solange deine Konzepte deine Wahrnehmung bestimmen. Und wer weiß, vielleicht enthalten auch andere „langweilige Situationen“ deines Lebens wertvolle Einsichten für dich bereit.
Du wirst geatmet
Weiter oben bin ich bereits darauf eingegangen, dass der Atemprozess im Körper relativ autonom erfolgt.
Wieso relativ?
Weil du z.B. die Möglichkeit hast, den Atem anzuhalten, zumindest für eine Weile. Du könntest auch eine Zeitlang bewusst schnell und flach atmen. All das geht jedoch nur eine gewisse Zeit lang, danach wird der Atem ziemlich schnell wieder die Kontrolle übernehmen. Jeder weitere Versuch den Atem zu dominieren, wird Gegenmaßnahmen hervorbringen. Das alles nur, um dein Leben zu schützen.
Mit etwas Übung ist es dir jedoch möglich, dich auf den Atem zu fokussieren, sanft seinen Bewegungen zu folgen und ihm gleichzeitig Raum zu geben. Raum, um in seine eigene natürliche Tiefe, Geschwindigkeit und seinen eigenen Fluss zu kommen.
Je weniger Konzepte du mitbringst, wie der Atem sein soll und wie nicht und je weniger Absichten du beim Beobachten des Atems verfolgst, desto einfacher wird sich diese Übung gestalten.
Atemachtsamkeit ist ein gutes Training für dein Leben, da auch dieses sehr autonom verläuft und du nur teilweise die Kontrolle darüber hast. Genau wie beim Atem.
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